Joseph Beuys - 13. Kunstflâneur 2025

Die Freie und Hansestadt Hamburg hatte vor rund 40 Jahren die Chance, ein Gesamtkunstwerk von Joseph Beuys zu werden. Leider verhinderte dies der damalige Bürgermeister Klaus von Dohnanyi.

1983 wurde Joseph Beuys (1921-1986) im Rahmen des Programms „Kunst im öffentlichen Raum“ von der Hamburger Kulturbehörde zu einem Wettbewerb eingeladen, der den Titel „Stadt – Kultur – Skulptur“ trug. Die Künstler sollten ein Werk für eine öffentliche Fläche ihrer Wahl entwerfen, das sich mit ökologisch oder städtebaulich problematischen Plätzen oder Strukturen auseinandersetzt.
Für sein Kunstwerk suchte Beuys den größten ökologischen Problemfall Hamburgs und entschied sich für die Spülfelder in Altenwerder. Das Gebiet des ehemaligen Fischerdorfs Altenwerder südlich der Elbe, dessen 200 Bewohner 1973 umgesiedelt worden waren und deren historische Häuser zerstört wurden, um den hochgradig vergifteten Elbschlick sowie der Hafenerweiterung Platz zu machen, wählte er für sein Kunstprojekt. Auf den mit Kadmium, Blei, Quecksilber sowie weiteren Schwermetallen und Industriegiften vom Elbsand und -schlick verseuchten Spülfeldern plante Beuys zunächst, das Gebiet mit einer von ihm bearbeiteten Basaltsäule zum Kunstareal zu markieren. Danach wollte er die Fläche mit umfangreichen Pflanzungen entgiften, weil Schwermetalle sich an Wurzeln binden und somit das Absickern ins Grundwasser verzögern können.

Der damaligen Kultursenatorin Helga Schuchardt gefiel die Idee, und sie gab Beuys den Zuschlag. Ein Jahr entwickelte Beuys sein „Gesamtkunstwerk Freie und Hansestadt Hamburg“ ganz im Sinne seines „erweiterten Kunstbegriffs“, das er als gesamtgesellschaftlich-künstlerisch-ökologische Idee geplant hatte. Neben der Bepflanzung der Spülfelder als konstruktives Kulturmahnmal sollte zudem ein Büro in der Innenstadt eingerichtet werden, das nach und nach Lösungsvorschläge für alle ökologischen Probleme der Stadt ausarbeiten und dann in die Realität umsetzen sollte. Träger sollte eine Stiftung sein, in die die Kulturbehörde als Startkapital das Honorar von 400.000 D-Mark einbringen sollte. 

Am Ende wurde seine „Soziale Plastik“ nicht beauftragt, da sie von vielen aus der Politik und den Medien lächerlich gemacht wurde und schließlich am Veto des Bürgermeisters scheiterte. Beuys wollte mit seiner Kunst die Gesellschaft heilen, und es zeigt sich, dass manche Visionen in ihrer Zeit zu früh sind. Heutzutage sind auf einem Teil der ehemaligen Spülfelder Bäume gewachsen, dem Vollhöfner Wald, der seit Februar diesen Jahres zum 38. Hamburger Naturschutzgebiet erklärt wurde. Auf dem anderen Teil in der Nähe des Containerhafens Altenwerder, wurden Windkraftanlagen und Lagerhallen gebaut - neben der St. Gertrud-Kirche Altenwerder und dem anliegenden Friedhof, den einzigen Relikten des historischen Fischerdorfs.

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Małgorzata Mirga-Tas - 12. Kunstflâneur 2025