Tintin Patrone - 14. Kunstflâneur 2025

Ich hoffe, ihr hattet eine schöne Sommerzeit - ob in Hamburg oder unterwegs. Vielleicht wart ihr sogar auf den Philippinen oder in Singapur und habt dort „Singbird Corners“ gesehen? An diesen Orten treffen sich Gleichgesinnte, um gemeinsam Tee zu trinken, sich zu unterhalten und ihre Vögel auszuführen. Die Volieren werden dabei an eigens dafür vorgesehenen, mastähnlichen Aufhängungen befestigt, sodass die Vögel ihre Stimmen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Artgenossen trainieren können.

Von diesem Ritual ließ sich die deutsch-philippinische Künstlerin Tintin Patrone für ihre Soundinstallation „CAGES2/ASLSP“ inspirieren, die sie als Kunst-am-Bau-Projekt für die Stadthöfe entwickelte. 2019 wurde die Sound- und Performancekünstlerin eingeladen, ein Werk für einen der Höfe zu schaffen. In ihren sechs lila-grünen Vogelkäfigen leben allerdings keine Singvögel - stattdessen ertönt dort in langen Abständen ein Sound. So selten, dass die Künstlerin selbst von einem "Glücksmoment" spricht, wenn man zufällig zur richtigen Zeit vor Ort ist. Zu hören ist dann eine Klangkomposition mit Vogelgesängen ausgestorbener Arten - ein Klang der Erinnerung, ein Echo verlorener Stimmen. Dabei ist der Ort nicht zufällig gewählt: Nicht weit entfernt befand sich einst die Zentrale der Gestapo - das Werk verweist damit auch auf das Verschwinden und Verstummen von Menschen.
Mit dem Titel der Installation „CAGES2/ASLSP“ zitiert Patrone eine berühmte Komposition des Musikers und Komponisten John Cage (1912-1992). Sein Orgelstück „ORGAN2/ASLSP“ (ASLSP steht für as slow as possible) aus dem Jahr 1987 enthält die Anweisung, die Partitur so langsam wie möglich zu spielen. In Halberstadt wird das Stück aktuell in einer Gesamtlänge von 639 Jahren aufgeführt.

Tintin Patrones Arbeiten drehen sich um Klang als kulturelles System und die Frage, wie über ihn persönliche und gesellschaftliche Beziehungen entstehen. Ab dem 7. Oktober ist im Bucerius Kunst Forum eine neue Wandarbeit von ihr zu sehen - sie ist in diesem Jahr Kunststipendiatin der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS.
Ich habe Tintin Patrone vor ein paar Jahren kennengelernt, als sie zum Team von Annika Kahrs gehörte und an der Sound- und Videoinstallation „how to live in the echo of other places“ im Schuppen 29 auf dem Baakenhöft beteiligt war - dort, wo die neue Oper gebaut werden soll.

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